Pressebericht
Silvia Huber ist selber aktive Kletterin mit Routen wie der Totenkirchl-Westwand (V+/A0) oder der Wetterhex (VII+) im Tourenbuch. Seit sie 1990 die Bewirtschaftung des Hans-Berger-Hauses im Wilden Kaiser von ihrem Vater übernahm, hat sie diese Hütte zu einem Wohlfühlort „für Menschen, nicht für Leute“ gemacht, wie die Laudatorin, die Kinderbuchautorin Brigitte Weninger, es ausdrückt: das Naturfreundehaus ist „ein Ort für Freigeister – die Freidenkerzone Hinteres Kaisertal; ein magischer Kraftplatz am Fuß der großen Wände“. Kreative Projekte wie die erste Gipfelbibliothek der Welt oder „Die Wilde Kaiserin“ machen sie zu einem Vorbild für starke Frauen. Siegfried Weippert, der Vorsitzende der Berggeister, überreichte ihr ein Bild des Wilder-Kaiser-Malers Norbert Widmoser und einen Scheck über 500 Euro; das Preisgeld möchte Silvia Huber in die Sanierung von Kletterrouten in den Scharlinger Böden stecken.
Laudatio von Brigitte Weninger
Liebe Festgäste und vor allem – liebe Silvia –
ich weiß, dass Du normalerweise auf Preise und Ehrungen nicht viel gibst, und dass Du es nur schwer aushältst, wenn man dich lobt. So freut es mich doppelt, dass es dich nun (ausnahmsweise bereits vor der Pensionierung ) doch noch erwischt hat.
Denn zum einen sollst Du heute eine Ehrung bekommen, die Dir wirklich gerecht wird, und das von einer Institution, die Deiner eigenen freien Gesinnung nahe steht – und zum anderen haben sie ausgerechnet mich gefragt, ob ich irgendwas dazu sagen möchte. So darf ich dich heute endlich einmal hochleben lassen, obwohl du das sonst gar nicht magst, und Dir hochoffiziell ein paar Dinge sagen, über die man sonst auch unter Freunden nicht spricht.
Du wirst heute nicht zur Miss Bergblume, zur Besten Spinatknödelköchin oder zur Schnellsten Bierfasswechslerin des Jahres gekürt – obwohl auch diese Titel einer Vollblutwirtin wie Dir gut anstünden – sondern Du wirst Berggeist 2007.
Beides passt wunderbar zu Dir: Der Berg – und der Geist.
Der Berg und das Bergsteigen wurden Dir ja im Jahre 1963 schon in die Wiege gelegt, obwohl es sicher nicht einfach war, als einziges Mädchen weitum in einer Familie von Parade-Bergsteigern wie deinem Vater Adi Huber und seinen Brüdern Franz und Lois aufzuwachsen.
Diese frühkindliche Prägung setzte sich fort, als Adi und Anni Huber 1968 die Naturfreundehütte Hans-Berger-Haus, früher Kaisertal-Haus, im Kaisertal pachteten.
Da durfte die kleine Silvia den Papa auf etlichen Führungstouren begleiten.
Und als sie dann so groß war, dass sie in der Totensesselschlucht keine Steinlawinen mehr lostrat, ging sie auch mit den anderen Bergführern der Bergsteigerschule Wilder Kaiser mit, die sich bestimmt immer riesig freuten, wenn ihnen in aller Herrgottsfrüh ein Mäderl mit gepacktem Rucksack auflauerte, damit sie – vielleicht – mitgehen durfte.
So lernte Silvia schon in den Kinderjahren alle gängigen 3er- und 4er-Touren im Kaiser kennen, und die Boulder-Blöcke und der Hochwald hinter der Hütte waren ihr liebster Spielplatz.
Ein paar Jahre später entdeckte Silvia dann, dass die jungen Kufsteiner und St. Johanner Kletterer eigentlich viel fescher waren als so mancher altgediente Bergführer-Zausel, der für die Bergsteigerschule führte, und so kletterte sie jetzt lieber mit den Burschen die schwierigeren Routen; und die waren es jetzt, die vor der Tür lauerten, ob sie – vielleicht! – mit der Silvia mitgehen dürfen …
Mit Georg Baumgartner aus Kufstein hat Silvia aber dann doch einen rundum verlässlichen Kletterpartner gefunden, der sie in die großen Kaiserwände mitnahm, in den folgenden Jahren durchklettern die beiden – meist mit Georg im Vorstieg – viele angesagte Kaisertouren, wie Totenkirchl-Westwand, Kleine Halt-Plattendiretissima, Fleischbank-Ostwand, Predigtstuhl-Schüle-Diem, Fleischbankpfeiler-Nord-Ostrisse, Thaler-Stumhofer, Totenkirchl-Genießersteig und viele, viele mehr.
Sportklettern und Schitouren füllten das restliche Bergjahr; und kaum hatte Silvia 1985 das Fremdenverkehrskolleg in Innsbruck abgeschlossen, begleitete sie ihren Vater Adi Winter für Winter nach Nepal und lernte so die bekanntesten Trekkingrouten um Anapurna, Dhaulagiri, Manaslu und Langtang kennen; und auch etliche Trekking-Gipfel wie der PisangPeak wurden bestiegen.
Die Reiselust hatte sie nun ganz gepackt und es wird behauptet, dass Silvia überall in der Welt öfter anzutreffen war als zu Hause.
Im Sommer auf der Hütte, in der Zwischensaison im Reisebüro, und im Winter in Thailand oder sonstwo zum Klettern, so stellte sich Silvia das künftige Leben vor.
Aber dann konnte ihre Mutter Anni aus gesundheitlichen Gründen das Hans-Berger-Haus nicht mehr führen und so wurde Silvia 1990 Wirtin im hinteren Kaisertal.
Jetzt gab es zwar einerseits die Freude an der Arbeit und den neuen Herausforderungen, aber insgeheim doch den Schmerz über den Verlust der großen Freiheit.
Aber so spielt das Leben, und Silvia wäre nicht Silvia, wenn sie das, was sie tut, nicht mit ganzem Einsatz und aller Liebe tun würde.
1993 wurde ihr Sohn David geboren, der mit ihr auf der Hütte aufwuchs, und aus dem vermutlich – dank entsprechender frühkindlicher Prägung – wieder ein Kletterer werden wird.
Jetzt wurde allerdings die Zeit sehr knapp. Hütte und Kind zu vereinbaren ging gerade noch, aber die intensive Begegnung mit dem Berg wurde immer schwieriger. Dennoch kletterte Silvia fast alle neu eröffneten Routen rund ums Hans-Berger-Haus, wie Berliner Luft, Geheimniskrämerei und die Wetterhex auf die Kleine Halt, und war in jeder freien Minute irgendwo im Gelände zu finden.
Wir merken schon: das waren meine Anmerkungen zum Thema Berg …
Was jetzt noch fehlt, ist der Geist – und den gibt es am Hans-Berger-Haus reichlich, und er ist NICHT in bunt etikettierten Flaschen zu finden, sondern weht von den Kaisergipfeln her kommend durchs ganze Haus.
Und es ist genau dieser Geist, der die Hütte zu einem so außergewöhnlichen und unverwechselbaren Treffpunkt für Bergsteiger macht, zu einem Ort, der ihnen Basis und vielleicht sogar ein bisschen Heimat ist.
Am Hans-Berger-Haus gibt es keine Halbschuh-Touristen, keine Kaffee- und Kuchen-Spaziergänger und keine Hütten-Promis – dazu ist die Hütte glücklicherweise viel zu abgelegen.
Aber es gibt Menschen, die insgesamt vier Stunden Gehzeit sich nehmen, nur um kurz „Servus“ zu sagen, Silvias göttliche Spinatknödel zu essen, ein bisserl durchs Tal hinaus zu schauen und zu sinnieren und gestärkt an Leib und Seele wieder heim zu gehen.
Es gibt Stamm-Familien, die schon in der zweiten und bald dritten Generation Jahr für Jahr wiederkommen und sich nirgendwo glücklicher fühlen als hier.
Es gibt gewiefte Schulen und Unternehmen, die ihre Klassen und Kader-Gruppen genau hier zusammenschweißen; Künstler, die sich hier zu neuen Werken inspirieren lassen.
Hier bohrt der Chef-Designer eines Weltkonzerns gemeinsam mit einem Kaminkehrer über Wochen eine neue Tour ein; und hier sitzt der Atom-Physiker zwischen zwei Jungbauern und fühlt sich durch das schöne Gespräch durch und durch bereichert.
Das Hans-Berger-Haus ist eine Hütte für MENSCHEN, nicht für Leute.
Ein Ort für Freigeister und eine Freidenker-Zone.
Der Berg bringt alle auf die gleiche Größe, und der Geist fügt sie zusammen.
Und Du, liebe Silvia, bist diejenige, die all diese Fädchen mit kundiger Hand und liebevoller Strenge zusammenhält, und diesen Ort zu dem macht, was er mir selbst und vielen anderen ist: zu einem Stück Frei-Land.
Natürlich geht hier nach wie vor die Spitzenriege der Bergsteiger ein und aus, die hier im hintersten Kaisertal eine der letzten Bastionen gefunden haben, wo sie noch unter sich sein und mit Gleichgesinnten reden können.
Aber ich finde es bezeichnend, dass auch Nicht-Kletterer wie ich mit offenen Armen empfangen und schon nach kurzer Zeit süchtig werden nach diesem magischen Kraftplatz am Fuß der großen Kletterwände (… wobei ich allerdings immer noch darüber nachgrüble, ob dieses eigenartige Suchtverhalten nicht doch mit der sinnverwirrenden und willenskraftzersetzenden Wirkung von legalen Drogen namens Biomastochsenbraten oder Topfenhimbeerstrudel zusammenhängen könnte …)
Wie auch immer: Hier oben treffen sich kreative Köpfe und wunderbar aus der Normalspur Ver-Rückte, um neue, schräge Ideen aus der Taufe zu heben. Und ich bin richtig stolz darauf, dass darunter auch zwei, drei unserer gemeinsamen Geistes-Kinder sind, die bereits für Furore gesorgt haben.
Die „Erste Gipfelbibliothek der Welt“ (www.gipfelbibliothek.com) und unserFrauen.Berge.Projekt „Wilde Kaiserin“ sind mittlerweile schon den Kinderbergschuhen entwachsen und werden uns sicher noch viel Freude machen.
Vor allem die „Wilde Kaiserin“ ist weit mehr als bloß ein Programm-Schwerpunkt der Bergsteigerschule. Sie wird für immer mehr Frauen und auch uns beide zunehmend zur Lebensphilospohie: „Fühle. Lebe. Wachse. Und befrei die Kaiserin in Dir!“
Wie ich Dich und Deine Bescheidenheit kenne, wirst Du nun einwenden, dass Du nichts wärst und Deinen Betrieb niemals so führen könntest ohne die Unterstützung Deiner Freunde und Freundinnen und Deinen Lebenspartner Christoph.
Das mag in gewisser Weise stimmen, nur: In eine Familie wird man ungefragt hineingeboren, und so kann man sich im schlimmsten Fall immer noch auf „mieses Karma“ hinausreden. Aber gute Freunde und Lebensgefährten muss man sich aus eigener Kraft verdienen, und daher erntest Du nur, was Du selbst gesät hast.
So möchte ich mich heute auch bei Dir bedanken, Silvia – und jetzt sage ich das, was FreundInnen sonst nie sagen können: Du gehörst zu den wertvollsten und inspirierendsten Menschen, die mir jemals begegnet sind.
Ich empfinde die Freundschaft mit Dir als großes Geschenk und weiß, dass viele andere schon über die bloße Bekanntschaft mit Dir glücklich sind.
Du bist der vorbildhafte Prototyp einer wirklich starken Frau, denn Dir ist der Erfolg nie in den Schoß gefallen, sondern Du hast ihn Dir mit Mut, Charme, Klugheit, ungeheurer Disziplin und voller Arbeitsbereitschaft selbst errungen.
Eigentlich kann man den Juroren nur von Herzen gratulieren, dass Sie Dich da hinten in Deinem geliebten Kaisertal„Graben“ überhaupt gefunden haben.
Du bist tatsächlich eine würdige Trägerin dieses Ehrentitels.
In diesem Sinne:
BERG FREI! und GEIST FREI! für unseren „Berggeist 2007“, Silvia Huber.