Ein Künstler im Fels

Seit zwanzig Jahren kürt die kleine Alpenvereinssektion Berggeist Personen zum „Berggeist des Jahres“, die sich um den „Geist“ der Berge und des Alpinismus besonders verdient gemacht haben. In diesem Jahr ging die Ehrung an den Grödner Bergführer, Führerautor und Holzschnitzer Ivo Rabanser.

In über 150 Erstbegehungen hat Rabanser seine künstlerische Kreativität und sein bergsteigerisches Können am Fels der Dolomiten umgesetzt. Seine Linien an den Meisulestürmen sind unter ambitionierten Kletterern teils legendär. Aber auch an bekannten Gipfeln wie Piz Ciavazes oder Langkofel fand und findet er bis heute großartige neue Wege, die er mittlerweile oft – und manchmal gemeinsam mit der Gruppe um Heinz Grill – für Wiederholer optimiert durch Ausputzen von brüchigem Fels und verbesserte Absicherung. Dabei zeigt er immer wieder, wie auch in intensiv erschlossenen Wänden noch neue Ideen realisierbar und meist ohne Bohrhaken absicherbar sind. „Das Sammeln bestehender Routen ist in Ordnung, schöner ist es, Neues zu finden. Aber mit begrenzten Mitteln, so dass unsere Nachkommen auch noch die Entdeckungsfreude erleben können, die wir heute genießen“, sagt Rabanser zu seinem Ansatz. Damit sieht er sich in der Tradition eines Hans Dülfer, über den er derzeit für ein Buch recherchiert.

Die Kultur und Bildung des Geehrten hob der Laudator Bernd Kullmann heraus, 2006 selbst der dritte „Berggeist des Jahres“. Ein freier Geist, Liebhaber von Literatur, profunder Kenner auch der deutschen Politik und Geschichte – „ein anregender, wenn auch manchmal anstrengender Gesprächspartner“, berichtete er von Begegnungen auf Dolomitenhütten. Dass man dort reizvolle Kletterziele findet – und sie auch in der Realität findet –, dazu hat Rabanser mit seinen Neutouren und mehreren gedruckten Führern der Bergcommunity wertvolle Dienste geleistet. Mit auf jeden Fall anregenden Gesprächen ging der Festabend bis weit in die Nacht.

Andi Dick